Logos

Logos
Lọ|gos 〈m.; -, Lọ|goi〉
1. 〈urspr.〉 Wort, Rede, Sprache
2. 〈dann〉 Gedanke, Sinn, Begriff
3. 〈Stoiker, Heraklit〉 Weltvernunft, göttl. Vernunft
4. 〈Neuplatonismus, Gnosis〉 Vernunftkraft Gottes als Weltschöpfungskraft
5. 〈Christentum〉 menschgewordenes Wort Gottes, Jesus
[grch.]

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Lọ|gos, der; -, Logoi <Pl. selten> [griech. lógos = Rede, Wort; Vernunft; Überlegung; philosophischer Lehrsatz; (philosophische) Lehre, zu: légein = (auf-, er)zählen; reden, sprechen]:
1. (antike Philos., Rhet.) auf Verstehen angelegte Rede, Sprache.
2. <o. Pl.> (antike Philos.) menschliche od. göttliche Vernunft; umfassender Sinn; Weltvernunft.
3. (antike Philos.) logisches Urteil; Begriff.
4. <o. Pl.> (Theol.) Gott, Vernunft Gottes als Weltschöpfungskraft.
5. <o. Pl.> (Theol.) Offenbarung, Wille Gottes u. Mensch gewordenes Wort Gottes in der Person Jesu.

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Lọgos
 
[griechisch] der, -/...goi, seit Heraklit einer der Grundbegriffe der griechischen und hellenistischen Philosophie; im Sinne des durch die Vernunft bestimmten Denkens und Sprechens verwendet im Unterschied zu »Mythos«, »Meinung« (doxa) und »Wahrnehmung« (aisthesis), wenn hinreichende Vernunftgründe fehlen. Für Homer ist Logos »Erzählung«, daher auch die Bedeutung »Rede«, »Wort«. Anderseits meint das Wort »Zählung«, »Rechnung« und v. a. auch »Abrechnung über Gelder«. Weil dabei vieles berücksichtigt werden muss, nimmt Logos Bedeutungen wie »Rücksicht«, »Wertschätzung«, dann aber auch »Überlegung«, »Bedingung«, »Grund«, »Sinn« an. Logos ist immer auf eine Sache bezogen, gelegentlich diese selbst.
 
Der Logos steht im Zentrum von Heraklits Philosophie und meint hier das immanente Prinzip kosmischen Werdens, ist die alles Weltgeschehen durchdringende Gesetzmäßigkeit und Norm, bezeichnet aber auch das aufzeigende Wort und das Denken. Parmenides verwendet Logos in der Bedeutung »Vernunft«, »vernünftige Überlegung«. Zum festen Begriff der Rhetorik wird Logos bei Isokrates; der Logos ermöglicht die Polis und die Entstehung von Kultur. Bei Sokrates und Platon ist Logos an das Sein gebunden als »Logos des Wesens«. In Bedeutungen wie »Wort«, »Vernunft«, »Urteil«, »Rechenschaft« verwendet, bezeichnet der Logos das Vermögen, die Wahrheit und die Form ihrer Äußerung hervorzubringen. Der Logos wird im Dialog als Einsicht und Erkenntnis zutage gefördert, die jeder Mensch ursprünglich schon in sich trägt. - Aristoteles verwendet Logos in seiner Wissenschaftslehre als »Definition«. In ethischer Hinsicht entspringen Tugend und Glückseligkeit des Menschen dem Logos, der Denken und Handeln bestimmenden rechten Einsicht. Das Besitzen des Logos zeichnet unter allen Lebewesen den Menschen aus.
 
Die ursprüngliche Bedeutung von Logos als »Bestimmung« tritt besonders in der Stoa hervor. Der Logos wird zum »Weltgesetz« und als »Logos spermatikos« zur ordnenden Kraft, die alles durchwirkt und hervorbringt, also Gott. Damit zeigt sich die Anknüpfung der Stoiker an Heraklit. Verwandte Gedanken finden sich in der Logosspekulation des Neuplatonismus (Plotin); über diesen beeinflusste sie stark die weitere Geschichte der Metaphysik. Geradezu programmatisch war die Logosvorstellung bei Philon von Alexandria, bei dem der Logos als differenzierende Bestimmung aus der monotheistischen Gottesidee hervorgeht.
 
In der Theologie wird Logos im Johannesevangelium auf Jesus Christus als das »Wort Gottes« angewandt. Die zentrale Stelle für dieses Logosverständnis bildet der hymnische Prolog des Johannesevangeliums (Johannes 1, 1-18). Der Logos ist hier das präexistente, Fleisch gewordene, für die Menschen heilsbedeutsame »Wort«, der Schöpfungsmittler und Offenbarungsträger, der der Welt Licht und Leben bringt. Die Wurzeln dieser Auffassung werden außer in der griechischen Philosophie (Philon von Alexandria) und der Gnosis in der Theologie des Alten Testaments, besonders in der frühjüd. Weisheitslehre greifbar.
 
Von den Kirchenvätern wurde die neutestamentliche Übertragung des Logosgedankens auf Jesus Christus im Rahmen der Christologie und Trinitätsdiskussion der ersten drei Jahrhunderte weiter entfaltet. Bei den Apologeten des 2. Jahrhunderts wird dabei der Beginn der Rezeption von Stoa und Mittelplatonismus sichtbar: Der Logos wurde nach Justin im Anfang gezeugt und ist ein subordinatianisch verstandener »zweiter Gott«, ein Vermittler zwischen Gott und Welt. Irenäus von Lyon versteht die Inkarnation des göttlichen Logos als letztes Glied einer langen Kette von Offenbarungen seit der Erschaffung der Welt, er formuliert erstmals das hellenistische »Prinzip des Tausches«: Das Wort Gottes wurde Mensch, damit der Mensch zum Sohne Gottes werde. Arius löste eine erste Krise der Logoslehre aus, indem er den Logos als Geschöpf bezeichnete; gegen ihn hielt das Konzil von Nicäa (325) an der Wesensgleichheit von Gott Vater und Sohn fest. Die weitere Diskussion wurde beherrscht vom Gegensatz der Schulen von Antiochia (Nestorianismus) und Alexandria (Monophysitismus). Erst das Konzil von Chalkedon brachte 451 durch einen Formelkompromiss die Auseinandersetzungen um den göttlichen Logos zu einem relativen Abschluss.
 
 
A. Aall: Der L. Gesch. seiner Entwicklung in der griech. Philosophie u. der christl. Litteratur, 2 Bde. (1896-99, Nachdr. 1968);
 E. Cassirer: L., Dike, Kosmos in der Entwicklung der griech. Philosophie (Göteborg 1941);
 A. Schütze: Die Kategorien des Aristoteles u. der L. (1972);
 W. Kelber: Die L.-Lehre. Von Heraklit bis Origines (Neuausg. 1976);
 W. Eckle: Geist u. L. bei Cicero u. im Johannesevangelium (1978).

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Lọ|gos, der; -, Logoi <Pl. selten> [griech. lógos = Rede, Wort; Vernunft; Überlegung; philosophischer Lehrsatz; (philosophische) Lehre, zu: légein = (auf-, er)zählen; reden, sprechen]: 1. (antike Philos., Rhet.) auf Verstehen angelegte Rede, Sprache. 2. <o. Pl.> (antike Philos.) menschliche od. göttliche Vernunft; umfassender Sinn; Weltvernunft. 3. (antike Philos.) logisches Urteil; Begriff. 4. <o. Pl.> (Theol.) Gott, Vernunft Gottes als Weltschöpfungskraft. 5. <o. Pl.> (Theol.) Offenbarung, Wille Gottes u. Mensch gewordenes Wort Gottes in der Person Jesu.

Universal-Lexikon. 2012.

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